Die Trauerform (Shidare-Zukuri) habe ich bisher als Gestaltungform kaum beachtet oder zur Kenntnis genommen.
Dies ist auch nicht verwunderlich, da dies Gestaltungsform nur auf wenige Baumarten natürlich wirkt.
Nun habe ich allerdings unfreiweilig, zumindest vorübergehend ein paar Pflanzen, welche diese Form bekommen haben.
Was ist geschehen?
Vor über zwei Jahren habe ich mir vier junge Crassula sarcocaulis gekauft. Die Suche nach solchen Pflanzen hat sich über zwei Jahre gezogen, bis ich bei einem Hobbygärtner solche Exemplare gefunden hatte.
Logischerweise waren die Jungpflanzen noch weit von einem Bonsai entfernt. Und praktische Erfahrung hatte ich keine mit dieser Crassula-Art. In vielen Sukkulentenforen und bei Sukkulentenhändlern wird diese Art frostresistenz bis Minus 10 Grad beschrieben.
Ich habe bei solchen Angaben oft Zweifel. Zwar stammt diese Art aus höheren Lagen in Südafrika. Auf diesem Hochplateau kann es durchaus Nachtfröste geben. Aber so lang anhaltende Winter und Frostperioden wie bei uns sind dort äusserst unwahrscheinlich.
Im vergangenen Winter konnte ich die Kälteresistenz, auf Grund der Baustelle auf dem Balkon nicht testen. Die Folge war auf Grund zu warmer Überwinterung ein vergeilen der Pflanzen. Struppig dürre lange Triebe mit wenigen Blättern waren die Folge. Potthässlich sahen die vier aus.
Aber in diesem Winter sollte die Kälteresistenz getestet werden. Und meine Befürchtungen haben sich zum Teil bestätigt. Aber schaut euch die Pflanzen selbst an:
Ein trauriges Bild. Die oberen und seitlichen Äste sind wohl erfroren und hängen nun schlaff in der Trauerform nach unten. Mal sehen ob der Stamm oder die Wurzeln den Frost übertanden haben? Sie sehen zumindest derzeit danach aus als hätten sie nach Lebenssaft in sich?
Werfen wir mal auf eine weitere Pflanze einen Blick:
Auch bei dieser Pflanze hat der Frost die Äste ausgetrocknet. Die dickeren Äste und der Stamm sind auch schon faltig. Ob diese noch überleben weiss ich wenn ich im Frühjahr mit dem ersten giessen beginne.
Im letzten Sommer habe ich sicherheitshalber zwei Stecklinge gezogen. Einer davon sieht nun wie folgt aus:
Eine trauernde Kaskadenform hat er durch den Frotschaden vorübergehend eingenommen. Da diese Pflanze noch recht jung und mit dünnen Stamm ist, bezweifle ich, dass sie den Frost überstanden hat? Aber Sukkulenten sind manchmal zähler als man denkt.
Hier noch ein Crassula mit Frotschaden:
Allerdings machen der Stamm noch einen fitten Eindruck auf mich. Er könnte den Frost zum Teil überstanden haben? Mal sehen was daraus noch entwickeln wird?
Der Frost erreichte übrigens 5 Grad Minus. Der Standort auf dem Balkon war vor Wind und Regen geschützt. Die Temperatur ist direkt per Aussenthermometer im Balkongewächshaus, welches mit Luftpolsterfolie geschützt war, gemessen worden. Also 10 Grad Minus kann durchaus tödlich für diese Art sein.
5 Grad Minus scheint mir im Grenzbereich zu liegen. Immerhin haben zwei Pflanzen gar keinen Schaden genommen!
Die meisten Blätter haben sich durch die Kälte rot bis dunkelrotviolett verfärbt. Dies ist bei einigen kälteresistenten Sukkulenten keine Seltenheit. Experten vermuten dass sich bei Kälte eine Art Frostschutz in der Pflanze bildet, welche eine rötliche Farbe annimmt. Die äussersten Blätter haben noch ein dunkleres grün. Die älteren Blätter werden wahrscheinlich durch die längere Trockenperiode irgendwann abgeworfen. Dafür wachsen bei guter Pflege aber schnell wieder neue Blätter. Insbesondere bei vollsonigem Stand im Freien.
Zum Abschluss noch der zweite Steckling:
Auch diser hat den Frost sehr gut überstanden.
Mein Fazit aus diesem Versuch, ist das diese Pflanze keine 100%ige Frostresistenz hat. Sie hält zwar kurzfristig Minustemperaturen aus. Dabei kann es aber schon zu Erfrierungen an Pflanzenteilen kommen.
Dennoch sollte man den Crassula sacrocaulis recht kühl überwintern, damit sich keine vergeilten Triebe bilden. Gegossen habe alle Pflanzen im Oktober zum letzten Mal! Sind ja Sukkulenten. Die können zum Teil sehr lange ohne Wasser auskommen.
Nun lasse ich mich im Frühjahr überraschen, welche Pflanze den Frost tatsächlich überstanden hat und wie sich die Überlebenden weiter entwickeln werden?
Da die Pflanzen bei 17-18 Grad an einem Fenster stehen, habe ich Ihnen am letzten Sonntag die erste vorsichtige Wassermenge gegönnt.
Heute morgen konnte ich an drei der sechs Pflanzen den ersten zaghaften Neuaustrieb aus den vertrockneten Blattachseln entdecken.
Mal sehen ob sich bei den anderen dreien auch noch etwas tut?
hmmm…Die sehen arg mitgenommen aus.Ob da noch was draus wird?
@ Kleinbonsai
ja, ihr Zustand sieht erbärmlich aus.
Inzwischen zeigen vier der sechs Lebenszeichen und die ersten Neuaustriebe entstehen.
Da wo die Äste nach unten hängen dürfte sich allerdings nicht mehr viel tun. Auch wenn vereinzelt noch grüne kleine Blätter an den Astenden sind, dürften die Äste vertrocknet sein?
Aber genaueres werde ich da erst in ein paar Wochen oder Monaten wissen.
Für mich war es ein kleiner Versuch um die Angaben aus Fachbüchern und von Fachhändlern zu prüfen. Wie man sieht kann ist bei exotischen Pflanzen die Temperaturangaben bei Frosthärte mit Vorsicht zu geniessen. Oft wird vergessen, das am natürlichen Standort der Temperaturverlauf ein anderer sein kann als in unseren Breitengraden.
Das Thema hat man ja auch oft bei japanischen Bonsai, die meist nur bis Minus 5 Grad in der Fachliteratur angegeben werden. Das liegt daran, das es zwar in Japan auch einen Winter mit Schnee und Frost gibt. Diese ist allerdings kürzer als bei uns. Dafür dauert der Frühling und Herbst meist länger an als bei uns.
So ist es auch bei einigen Sukkulenten die in Hochlagen durchaus eine Kälteresistenz entwickelt haben können. Aber sowohl in der Heimat in Südafrika als auch in einigen Andenhochlagen steigt selbst im Winter die Temperatur in den zweistelligen Plusbereich. Solche Pflanzen sind also keinen Dauerfrost gewohnt und erfrieren in unseren Wintern auch sehr leicht.
Ups, da könnte man eine Artikelserie schreiben ;-=