Abmoosen einer japanischen Zelkove (Zelkova serrata)

Liebe Bonsaifreunde,

heute habe ich meinen ersten Versuch gewagt, die Spitze einer vernachlässigten japanischen Zelkove für eine spätere Neugestaltung abzumoosen.

Unter Abmoosen versteht man den Versuch, an ausgewählten Stellen neue Wurzeln zu erschaffen. Entweder zur kompletten Neugestaltung eines Wurzelansatzes, oder das Abtrennen von Baumteilen durch Wurzelneubildung. Ursprünglich wurde die verletze Stelle mit feuchtem Moos umwickelt, um gleichbleibende Feuchtigkeit zu gewährleisten. Daher der Name. Ich benutze aber Bonsaigranulat, welches in einen Kunststofftopf gegeben wird und die abgerindete Stelle umgibt. Hauptsache, die behandelte Stelle hat dauerhaft Kontakt mit dem Hilfsmaterial und bleibt feucht.

Die erste Schicht hinter einer Baumrinde, die Bastschicht, dient dem Baum als Leitung der von den Blättern produzierten Nährstoffe zur Wurzel. Die zweite Schicht ist das Kambium, welches Zellen für das Wachstum produziert. Die dritte Schicht, das Splintholz, ist dazu da, den Baum mit Nährstoffen von den Wurzeln zu versorgen. Dahinter ist das Kernholz, das die Stabilität gibt.

Beim Abmoosen wird durch das Abtragen der ersten Schicht hinter der Rinde verhindert, dass der Baum die Wurzeln mit den von den Blättern produzierten Nährstoffen versorgen kann. Da der Baum überleben will, muss er neue Wurzeln bilden, was er in der Regel auch macht. Das Kambium wird auch entfernt, damit der Baum kein Kallusgewebe bildet, was als Brücke zwischen der Verletzung dienen kann. So würde der Baum keine neuen Wurzeln bilden! Die 3. Schicht (das Splintholz) wird unangetastet gelassen, damit die Wurzeln den Baum weiter mit Wasser und Nährstoffen versorgen können. Sonst trocknet er aus. Um ein Gefühl für diese Schichten zu bekommen, rate ich unbedingt, dies an unwichtigen, abgeschnittenen Ästen oder ähnlichem, auszuprobieren.

So sehen die Schichten in Natura an einem Ast aus:

Anatomie eines Astes

In einem Fachgeschäft habe ich diese japanische Zelkove erworben, die vom Vorbesitzer zum Verkauf abgegeben wurde. Ich habe sie eigentlich nicht weiter beachtet, bis ich eher aus versehen wieder darauf gestoßen bin. Da fiel mir die Spitze des Baumes auf:

Zelkova serrata als Bonsai

Der Baum hat stark gelitten, 2/3 der Äste sind abgestorben oder wurden abgetrennt. Einzig interessant ist die Spitze, die noch eine ganz akzeptable Aststellung und -dichte bietet:

Zelkova serata Baumspitze

Zelkova serata Baumspitze #2

Die Spitze und damit der spätere Baum, ist ca. 25cm hoch, der Stamm soll eine Länge von ungefähr 1/3 der Baumgröße bekommen. Also circa 17cm vom unteren Ast aus. Dies ist die Stelle, wo die Abmoosung stattfinden soll. Die unteren 2 Äste kommen noch weg. Einer ist unnötig, einer sowieso trocken. Die Abmoostelle ist dicht über dem abgeschnittenen Ast. Also verkürze ich diesen bis hin zum Stamm.

Den Stamm schneide ich mit einem Teppichmesser ringsherum ein, das gleiche nochmal obendrüber, ca. 1cm über dem ersten Einschnitt. Danach wird die Rinde langsam entfernt, hier benutze ich die Spitze des Teppichmessers und heble die Schicht Rinde einfach ab. Teilweise schabe ich die Rinde mit der Klinge auch von oben nach unten vorsichtig ab.

Rinde wird abgeschabt

Das Ergebnis sieht so aus:

Abgeschabte Rinde

Das mache ich ringsherum:

Abgeschabter Rindenring

Wie im vorigen Bild zu erkennen habe ich die erste Schicht bis zum Kambium abgetragen, folgendes Bild zeigt den bis zum Splintholz abgeschabtem Stamm. Dies ist der beabsichtigte Zustand:

zum Abmoosen vorbereitet

Nun nehme ich einen vorbereiteten schwarzen Plastiktopf , indem ich unten ein Loch in Stammdicke und einmal längs aufschneide. Dann habe ich eine Tüte mit reingetan, weil der Plastiktopf unten Löcher hat und die Erde rausfallen kann – man kann natürlich auch andere Behälter benutzen. Ich habe den schwarzen Topf gewählt, weil er schneller warm wird bei Sonneneinstrahlung, und Wärme beschleunigt das Wurzelwachstum. Weiße Joghurtbecher haben den gegenteiligen Effekt. In die Tüte habe ich Löcher geschnitten, damit das Wasser abfließen kann.

Wenn man den Topf korrekt zuschneidet, braucht man auch keine Tüte, beim Ersten mal hab ich mir eben so geholfen.

Vorbereiteter Kunststofftopf mit Tüte

Das ganze Gebilde bringe ich jetzt an den Stamm an. Die Einkerbung sollte später vollständig mit Erde bedeckt sein, also ungefähr in die Mitte bringen oder drunter. Hier also noch ein wenig weiter rauf:

Topf wird an der Schnittstelle befestigt

Damit das Teil auch hält, habe ich nach dem Festsetzen der Position einen etwas dickeren Draht unter den Topf um den Stamm gewickelt, als Stütze, denn es kommt ja noch Erdmischung rein, die das Ganze schwerer macht:

Topf mit Substrat an der Abmoosstelle

Sollte die Erde zu schnell austrocknen, dass ich mit dem Gießen nicht hinterherkomme, stülpe ich eine schwarze Tüte drum.

Zelkove wird abgemoost

Jetzt könnt Ihr Euch sicherlich auch ungefähr vorstellen, wie der Baum einmal aussehen könnte.

Ich stelle mir schon die dichtere Krone, einen tollen Wurzelansatz und, natürlich, eine handgemachte Schale vor. Das Astloch kann noch so gestaltet werden, dass es natürlich aussieht. Und und und! Ich kann´s kaum erwarten. Bis zum Herbst muss ich mich aber bestimmt Gedulden! Aber dann könnte ich einen kleinen Shohin mein Eigen nennen – mit einer Größe von 25 cm. Eine eigentlich recht schnelle Methode für so ein tolles Ergebnis! Haltet also Ausschau auch nach Unscheinbarem!

Der Baum steht jetzt so unten im Garten, ich habe noch BioGold Dünger auf die Erde gelegt, als Bestechung sozusagen, auf dass er, wohlgenährt und zufrieden, neue Wurzeln bildet!
Wünscht mir Glück! Ich halte Euch auf dem Laufenden!

Bis bald

viele Grüße

André

12 Comments

  1. Bernd 6. Mai 2012
  2. Vincent 9. Mai 2012
  3. André 9. Mai 2012
  4. Vincent 9. Mai 2012
  5. André 9. Mai 2012
  6. Vincent 10. Mai 2012
  7. Bernd 10. Mai 2012
  8. Vincent 10. Mai 2012
  9. André 10. Mai 2012
  10. Bernd 11. Mai 2012
  11. André 12. Mai 2012
  12. Armand 16. Mai 2018

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