Nach den Grundlagen im Umgang mit Kiefernkerzen zeige ich heute an einem praktischen Beispiel wie man eine bereits gestaltete Bergkiefer in der Gestaltung verfeinern und verbessern kann.
Die Grundsubstanz dieses Baumes ist ganz gut, er hat viele Verzweigungen, einen dicken Stamm, dessen Rinde schon aufzureißen beginnt – und viele Äste, die alle an der richtigen Position sind.
In Deutschland sind solch gute Kiefer-Ausgangsmaterialen wegen Seltenheit auf Grund des Einfuhrverbots recht teuer geworden.
Der Wurzelansatz ist verbesserungswürdig, aber ganz ok. So habe ich den Baum übernommen:
Es ist zu erkennen, dass der Vorbesitzer nicht gedrahtet hat und sich nicht um das Auslichten der Nadeln und kürzen der Kerzen gekümmert hat.
Dies führt immer dazu, dass die Äste zu lang werden und innen keine Knospen nachkommen, der Baum also innen verkahlt. Auch wachsen de Äste mit der Zeit natürlicherweise immer nach oben.
Um eine Rückknospung anzuregen, möchte ich die Äste neu drahten nach unten biegen, damit sich in den Astgabeln neue Knospen bilden. Hierzu drahte ich den Baum vollständig durch, von unten nach oben. Ich zeige das Drahten nur am untersten Ast.
Der erste Draht ist angelegt.
Nun wird die untere Astgabel gedrahtet. Um Stabilität zu geben, wurden er erste und zweite Ast über dem Stamm zusammen gedrahtet.
So bleibt der Draht auch da wo er soll und verrutscht nicht. Als nächstes wurde die untere Astgabelung gedrahtet:
Dann die nächste Astgabelung. Ich habe versucht, den Draht immer parallel ohne Überschneidungen anzulegen, damit keine unnötigen Druckpunkte entstehen, die ein Einwachsen beschleunigen würden. Das ist manchmal wirklich schwierig. Dies wird weitergeführt, bis der Ast bis in die Spitze durch gedrahtet ist.
Um bessere Stabilität zum Biegen zu bekommen, ist es ratsam zu überlegen, welche Äste verbunden werden können. Hier bieten sich gegenüberliegende Äste an, die aber auf anderen Ebenen liegen, so dass man eineinhalb mal um den Stamm gehen kann. Hier verbinde ich einen Ast in 2 Ebenen, die im Winkel von 90° zueinander stehen.
Ist ein Ast fertig, beginne ich, die Äste zu positionieren. Erst jetzt kann ich durch Probieren und sukzessivem Vorgehen entscheiden, wie die Äste in Stellung gebracht werden sollen.
Sich das ohne Draht vorzustellen, ist für mich noch recht schwierig. Es kann auch passieren, dass ich jetzt erst überflüssige Äste oder Zweige entdecke, die ich je nach Lage und Drahtung entweder bis nächstes Jahr dran lasse oder doch noch wegnehme.
Die untersten Äste sind fertig, erstmal eine Pause machen …
¾ des Baumes sind nach am nächsten Tag nach langwieriger Arbeit geschafft. Hier der Zwischenstand des gestalteten Bonsai als Video:
Weitere Fotos nach der Gestaltung:
Und das ganze auch noch als Video von allen Seiten:
So, jetzt fehlte nur noch die Spitze, dann ist es für das Erste vollbracht. Es folgen viele Detailaufnahmen des fertigen Baumes. Ich habe bewusst alle Äste dran gelassen, auch die, die Symmetrien erzeugen. Ein solcher Eingriff ist für den Baum Stress, es kann also sein, dass Äste absterben werden. Damit ich dann noch Gestaltungsmöglichkeiten habe, bleibt erstmal alles dran, bis die Rückknospung ersichtlich ist.
Ich schätze, das sehe ich erst nächstes Jahr im Frühjahr. Dann erst wird die Vorderseite ausgewählt und danach Äste entfernt, eine neue Schale besorgt und ein kleiner Japaner auf einer Parkbank auf die Erde gesetzt. Kleiner Scherz am Rande 😀
Ich hoffe es hat Euch Spass gemacht meinen Gestaltungsversuch zu verfolgen.
Bis zum nächsten Mal!
André
Hallo Andrè,
toller Bericht mit tollen Baum!
Verstehe das Importverbot bei einer heimischen Pflanze nicht wirklich?
Wiel lange sollte man drahten, damit die Äste die Formung behalten?
Wie lange kann der Draht bleiben, damit er keine Durckstellen in der Borke hinterläßt?
Schönen Gruß!
Bernd
@ Bernd
Ganz einfach gesagt,immer wieder Prüfen ,ob draht einzuwachsen droht.Den Zeitraum,wo der Drat dranbleiben muss,lässt sich nicht eindeutig sagen,da jede Pflanze anderst wächst.
noch was zum importverbot:
natürlich ist es doof,nicht so einfach an kiefern zu kommen,doch gäbe es dieses verbot nicht,gäb´s warscheinlich auch kaum Kiefern :).
Import heisst ja vom Ausland rein, das ist dann egal, ob das eine heimische Art ist oder nicht. Wenn die Föhre in Japan geboren ist gibt´s eben ´ne Beschränkung. Irgendein Schädling in den Wurzeln ist hier nicht gern gesehen. Importieren kann man schon, aber durch die 3-wöchige Quarantäne sind die Bäumchen recht teuer. Früher mussten Bonsaihändler, die gerade während des in Kraft tretens der Importbeschränkung Bäume importiert hatten und erwischt wurden, alle vernichten lassen, auf eigene Kosten! Auch wenn sie es nicht wussten.
Mit dem Drahten ist das so wie kleinbonsai es sagt, wie bei allen Bäumen vom Wachstum aber auch der Drahtkunst abhängig. Kiefern haben starke Äste, die Drahtstärke also entsprechend anpassen oder, damit die Drähte nicht so dick werden, echte Kupferdrähte nehmen.
Hier ist 2mal da gleiche Bild, bei dem wo die unteren äste fertig sind. Ich dachte ich hätte vor und Rückseite geschickt 🙂