Europäischer Bonsaistil?

In Japan ist die Gestaltung von Bonsai bereits eine jahrhunderte alte Kultur.

So ist es nicht verwunderlich, daß viele Gestaltungstheorien auch im letzten Jahrhundert in der westlichen Welt, so auch in Europa, übernommen wurden.

Auch heute findet man als Grundgestaltung in fast jeden Bonsai-Buch den Hinweis auf die klassischen Gestaltungsformen.

Auch ich habe hier im Bonsaiblog die wichtigsten Stilformen aufgeführt.
Für den Einstieg sind diese vereinfachten Analysen und Darstellungen nun einmal ein schneller Einstieg:

  • Streng aufrechte Form – Chokkan
  • Frei aufrechte Form – Moyohgi
  • Besenform – Hokidachi
  • Kaskade – Kengai
  • Gruppen- und Waldgestaltung – Yose ue
  • Darüber hinaus gibt es auch noch Stilformen für fortgeschritteneres Gestaltungskönnen:

    Nun sind diese Stilformen durch Beobachtungen in der Natur abgeleitet und in stark vereinfachte Grundformen gebracht worden. Es gibt zwar in Japan und Asien einige Baumarten die unseren europäischen sehr ähnlich sind, dennoch haben wir in Europa auch Baumarten und klimatische Verhältnisse die von denen in Japan oder gar Asien abweichen.

    So gesehen können nicht alle natürliche Darstellungsformen der europäischen Flora und Natur in reduzierten Gestaltungsformen aus Asien beinhaltet sein?

    Outdoor-Bonsaiausstellung

    Jaein! Es ist erstaunlich das im Prinzip alle japanische Stilformen auch auf viele unserer heimischen Bäume angewendet werden können. Wer aber mit offenen Augen durch die Natur läuft, wird schnell feststellen, das es viele Bäume gibt die nicht diesen Stilformen entsprechen.

    Bäume halten sich nun mal nicht an Fachbücher. Bäume sind Lebewesen. Diese wachsen nach ihren genetischen Vorgaben und was die Natur, Wind, Wetter, Sturm, Schnee und Regen aus ihnen macht. Das Wetter und Klima hat einen großen Einfluß auf die Gestalt eines Baumes oder Strauches. Ein Blitzschlag kann einen Baum töten. Ein Blitzschlag kann einen Baum markante Wunden antun. Die Schneemassen auf den Ästen biegen diese auf natürliche Weise nach unten. Ältere Äste haben also schon einiges mit gemacht und wachsen nicht mehr nach oben sondern zur Seite oder an den Enden sogar nach unten. Na ja, eigentlich wachsen sie nicht nach unten. Die Zeit und Schnee hat die Äste nach unten gebogen!

    Nichts anderes versucht ein Bonsaigestalter durch drahten oder spannen der Äste zu simmulieren.

    Europäischer Bonsaistil?

    Es gibt wohl immer mehr Bonsaigestalter in Europa die einen eigenständigeren Stil fordern.
    Manche reden von einem westlichen Stil. Andere meinen damit naturalistischer.

    Im Prinzip wollen alle eine individuellere Darstellung eines Bonsai. Möglichst weg von den japanischen Grundstilarten. Sozusagen etwas Neues noch nicht dagewesenes.

    Aber warum machen dies dann nicht mehr Bonsaigestalter?
    Zum einen ist es für die meisten Gestalter von Bonsai schwer ohne Anleitung etwas besonderes zu gestalten. Zum anderen ist die Akzeptanz auf großen Bonsaiausstellungen für die Bewertung von Bonsai immer noch an Bewertungs-Richtlinien aus Japan gekoppelt.

    So kann durchaus ein naturalsistisch gestalteter Bonsai bei einer großen Jury durchfallen, obwohl er sehr natürlich aussieht. Wenn er aber nicht in das Bewertungssystem paßt ist wird daraus kaum ein preisgekrönter Bonsai. Auch nicht wenn er dem Betrachter in Erfurcht erstarren ließe.

    Der Weg zu einem westlichen und naturalistischen Bonsaistil?

    Eine gestalterische Unterscheidung ist bereits bei einigen wenigen Bonsaigestaltern im Vergleich zu vielen japanischen Bonsaigestaltern im Ansatz erkennbar.

    Es gibt durchaus Bonsai-Bäume die wie ein Baum in der Natur aussehen. Als besonders hohe Kunst möchte ich solche Bäume bezeichnen die von allen Seiten sehr gut aussehen. Eben wie ein Baum in der Natur. Viele unerfahrene Bonsaigestalter machen wohl den Fehler einen Bonsai nach einer einmal festgelegten Vorderseite zu gestalten. Dies mache auch ich so, da ich mit meinem bescheidenen Grundwissen derzeit nicht weiter in die Zukunft eines Baumes schauen kann. Dazu fehlt es mir noch an praktischen Erfahrungen.

    Aber daran arbeite ich ja um dieses Defizit irgendwann beseitigt zu haben.

    Manche naturalistisch gestaltete Bonsai beinhalten mehrere klassische Stilarten. Oder sie brechen bewusst bisher abgelehntes, weil es dennoch in der Natur vorkommt.

    Damit eine westliche oder eurpäische Stilrichtung in der Bonsaigestaltung entstehen kann müßen auch die Bewertungskriterien bei Ausstellungs-Jurien überdacht und verändert werden. Solche Liberalisierungen der Jury würden auf jeden Fall einen Schub für mehr Mut zu Neuem fördern.

    Die westliche Kultur sollte in die Gestaltung einfließen. Derzeit wird überwiegend die jahrhunderte alte japanische, vom Buddhismus geprägte, Kultur bei Bonsai kopiert. Eine Kopie ist kein eigenständiges Kunstwerk. Aber dank einiger fortschrittlich denkender Bonsaigestalter in Europa kommt langsam Bewegung in eine europäische Interpretation der Bonsaigestaltung.

    Wir sollten uns näher an der Natur bei der Bonsaigestaltung orientieren. Dadurch entstehen automatisch natürlichere Bonsai, die weniger nach einer Lehrbuch-Gestaltung aussehen würden.
    Hört sich einfach an, ist es aber nicht.

    Woran orientiert ihr euch in der Bonsaigestaltung?
    An den Stilformen aus den Lehrbüchern oder an der Natur?

5 Comments

  1. Vincent 27. Februar 2012
  2. Bernd 27. Februar 2012
  3. Vincent 27. Februar 2012
  4. Luise 27. Februar 2012
  5. Melanie 5. März 2012

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