Nach dem ich im ersten Teil der Bonsai-Umtopf-Aktion 2014 über die Vorbereitungen berichtet habe, folgt heute ein umfangreicher Foto-Bericht über den ersten Baum der in diesem Jahr umgetopft und bearbeitet wurde.
Die Hainbuche habe ich Ende 2010 bei Uwe Krötenherdt erworben. Der Baum wurde 12 Jahre im Feld kultiviert. Der Vorteil ist ein schneller Wuchs und eine schöne Stammverdickung. Der Nachteil sind allerdings zahlreiche grosse Schnittwunden. Einige sind bereits überwallt. Andere brauchen da noch das ein oder andere Jahre.
Der Baum war nun vier Jahre lang in einem grossen Kunststofftopf. Ich wollte ihm erst einmal Zeit geben und auch auf mich wirken lassen. Wobei die Gestaltungsform als Zwillingsstamm erschien mir der einzig logische Gestaltungsweg.
Eigentlich wollte ich den Baum schon im letzten Jahr in die erste Bonsaischale pflanzen. Durch den langen Winter war die Zeit zum umtopfen zu kurz und er trieb dann schon aus. Also habe ich diese Arbeit auf dieses Frühjahr aufgeschoben.
Am Baum selber gibt es vieles zum korrigieren. Ausserdem weiß ich noch nicht wie sich nach vier Jahren der Wurzelballen entwickelt hat?
Nach dem entfernen der oberen Substratschicht löste sich der Wurzelballen recht leicht aus der Schale:
Das Substrat war mit vielen feinen Wurzeln ausgefüllt.
Am Anfang war das lockern mit einem Essstäbchen und einer Wurzelkralle ganz schön mühsam.
An den feinen Wurzelfasern gab es überall weisse Punkte. Mykorrhiza. Ein gutes Zeichen, da diese Pilze die Wasser- und Nährstoffaufnahme des Baumes verbessern. In meinen Bonsaianfängen habe ich den Wurzelballen meist ausgewaschen. Das mache ich beim Anblick von Mykorrhiza-Pilzen nicht mehr, da sich mit diesen Helfern der Baum schneller von einem Wurzelschnitt erholen kann.
Dreimal habe ich den Baum ausgekämt.
Dann war das gröbste Substrat entfernt. Die mineralischen Bestandteile habe ich gleich gesiebt, damit es wieder verwendet werden kann.
Auf dem Foto sieht man ganz gut das der Wurzelballen sich nach links unten neigt. So ist der Baum ursprünglich gewachsen. Durch das kippen gewinnt er allerdings an Harmonie. Allerdings hat dies auch einen Nachteil. Rechts oben befinden sich zwei dicke Wurzelstumpfe die richtig unschön aussehen. Zudem ragen beide durch die Neigung aus dem Substrat heraus. Aber dazu kommen wir später noch einmal.
Die Bonsaischale habe ich bereits vor zwei Jahren bei Christian Fritz gekauft. Die Abmessungen und die Farbe sollten mit dem Baum harmonisieren?
Die Schale wird mit einer Drainage aus groben Lavageröll bzw. Lavalit grundiert. Und nun kann der Baum in der Schale ausgerichtet werden. Auf dem Foto ist der Baum von der Rückseite zu sehen. Wobei das könnte auch mal eine Vorderseite werden?
Eine seitliche Ansicht mit den knubbeligen Wurzelansätzen. Darunter habe ich einen Stein gelegt, damit der Baum nicht kippt und in der gewünschten Stellung bleibt.
So würde der Baum von meiner favorisierten Vorderseite aussehen.
Nachdem die Position ausgerichtet war, wurde der Wurzelballen mit Erde aufgefüllt. Mit dem Eßstäbchen wurde die Erde zwischen die Wurzeln gestochert.
Hier noch einmal einen Blick auf die häßliche Wurzel. Den hinteren Teil habe ich versucht mit einer Fräse abzuflachen. Ist mir nicht gelungen. Habe mit dem Dremel noch zu wenig Übung. Zudem hat sich die Holzfräse verhackt, verbogen und ist davon geflogen. Ergebnis = Schürfwunde am Unterarm. Danach hatte ich erst mal keine weitere Lust zum fräsen. Also habe ich das unvollendete Werk erst mal belassen.
Die Wurzel die nach vorne zeigt wurde abgeschnitten. Darunter befinden sich derzeit keine neuen bzw. feinen Wurzeln. Das Substrat musste ich anhäufen, damit kein Hohlraum entsteht. Das Holz unter der Wurzel habe ich mit einem scharfen Messer angeritzt, bis frisches Holz sichtbar war. Durch die Entfernung der Rinde sollen sich neue Wurzeln bilden. Geht aber nur im Dunkeln. Also habe ich einen kleinen Trick angewendet.
Einfach einen alten Fahrradschlauch aufgeschnitten und in die passende Größe geschnitten. Mit zwei Reiszwecken wurde der Schlauch oben an der Wurzel fixiert. Unten habe ich den Schlauch mit Aludraht auf dem Substrat fixiert. Nun ist die Wurzel abgedunkelt und theoretisch können sich an den Schnittstellen, wegen der Dunkelheit, neue Wurzeln bilden. Unter dem Schlauch ist es bei sonnigem Wetter wärmer, was die Wurzelbildung fördern soll. Mal sehen ob es funktioniert?
Dann wurden noch die Äste ausgelichtet. Überflüssige Äste wurden entfernt und gekürzt. Eine einfache Struktur habe ich versucht auszuarbeiten.
Die drei grossen Wunden an der Vorderseite habe ich am Kallusrand mit einem Messer angeschnitten. Durch diese Verletzung wird eine neue Kallusbildung angeregt. Die Wunde wächst so schneller zu.
Danach werden die drei Wunden mit japanischer Wundpaste versiegelt, damit keine Keime in die Schnittwunden eindringen können.
Die versiegelten Schnittwunden noch einmal näher betrachtet.
Der bearbeitete Baum noch einmal im Fotostudio. Ich nenne die Rückseite mal die zweite Seite. So schlecht sieht er von hinten gar nicht aus 😉
Nahaufnahme vom Fahrradschlauch, der zur Wurzelförderung angebracht wurde.
Und ein abschließender Blick auf die ausgedünnte Verästelung der Hainbuche.
Der Baum hat noch einen ordentlichen Weg vor sich. Es gab und gibt noch einiges zu korrigieren. Manche würden es als mühsam und nutzlose ansehen, diesen Baum zu bearbeiten. Für mich ist er aber ein Lehrobjekt, an dem ich jedes Jahr neues dazu lerne. Wie der Baum auf welche Massnahmen reagiert habe ich überwiegend erlernt. Nun geht es mir darum die ein oder andere Gestaltungstechnik zu erarbeiten und zu verfeinern. In der ersten Bonsaischale, nähert er sich langsam einem Bonsai.
Die Betonung liegt auf langsam. Geduld gehört zur Bonsaigestaltung. Bei diesem Baum bin ich erstaunlich geduldig.