Ein Gestaltungsbericht von André in zwei Teilen. Hier finden sie den ersten Teil. Den ersten Teil findet ihr hier.
André hat seinen Ficus benjamina pandora von einer streng aufrechten Form in eine schwungvollere frei aufrechte Form gestaltet.
Seine Überlegungen und Gestaltungsschritte zeigt er in diesen zwei Berichten.
Daduch kann auch der noch Ungeübte die Möglichkeiten einer Bonsaigestaltung nachvollziehen.
So sah der Ficus vor der Umgestaltung aus:
Nach der Auswahl der Äste wurde der Stamm und die Äste gedrahtet:
Nun ging es ans Drahten der Spitze.
Auch hier müssen noch Äste gehen, der rechte z.B. um die Spitze des Baumes zu definieren und Symmetrien zu entfernen.
So langsam nimmt er er Form an. Ein Ast ist mir gebrochen, aber er ist nach einigen Wochen wieder zusammengeheilt.
Die Spitze ist fertig. Freue mich schon auf die feinere Verzweigung, die durch ständigen Rückschnitt entstehen wird.
Jetzt lasse ich ihn in Ruhe, damit er sich erholen kann.
Ich finde diese Form interessanter als die Alte, viel mehr Bewegung und bessere Aststellung als bei der Ausgangsform.
Der Baum neigt sich noch zu sehr nach vorne, es ist schwer, eine zufriedenstellende dreidimensionale Form zu definieren. Übung macht den Meister.
Der Baum von allen vier Seiten betrachtet:
Ziemlich am Ende des Winters hat der Baum mir Sorgen bereitet, er ließ alle Blätter vertrocknen und sie rollten sich ein. Ich habe mit einer Plastiktüte reagiert, und er hat zum Glück wieder ausgetrieben. Die Tüte erhöht die Luftfeuchtigkeit. Eine Stunde am Tag habe ich sie abgenommen, zum Lüften. Ich weiß nicht sicher was es war. Jetzt erholt er sich zumindest wieder, ein Glück!
Ich habe gehört, viele Düngen den Baum, wenn er schwächelt, aber wenn er keine Blätter hat, verringert sich die Transpiration und der Dünger kann durch den geringeren Wasserfluss nicht abtransportiert werden. Das damit verbundene Aufkonzentrieren des Mineraliengehaltes im Boden kann zu Wurzelverkümmerung führen! Erst wieder düngen, wenn sich die neuen Blätter entfaltet haben. Den alten Dünger hatte ich entfernt.
So sieht der Baum heute aus, kahl, aber am Leben. Er treibt fröhlich nach. Die Biegung der Spitze ist mir aus heutiger Sicht zu langweilig, da gehe ich im Spätsommer nochmal ran.
Ich habe in der Mitte den rechten Ast verloren, aber da diese Art gut am Stamm nachtreibt, brauche ich mir keine Sorgen zu machen, ihn später ersetzen zu können.
Das war´s mit der Gestaltung. War ein schönes Abenteuer, ich habe viel gelernt dabei. Traut Euch, viele haben Angst oder mögen das Drahten nicht, aber das Erfolgserlebnis ist einfach klasse, wenn der fertige Baum vor einem steht. Und wenn man´s nicht macht, kann man´s auch nicht lernen 🙂 Ich lerne mehr durch das selbst gestalten und meinen Fehlern als durch Bücher.
Auf bald,
André
Hallo André,
mir persönlich hat die streng aufrechte Gestaltung an dem Baum besser gefallen.
Die frei aufrechte Gestaltung erinnert mich mehr an einen Nadelbaum der im Gebirge durch das Wetter und Schneemassen geformt wurde. Ich weiss nicht ob bei Gummibäumen die unteren Äste nach unten wachsen? Wenn dann werden die meist von Stützwurzeln am weiter absenken gehindert?
Aber vielleicht liegt das auch daran, dass die Gummibäume die ich auf den Kanaren und in anderen botanischen Gärten gesehen habe alle aufrecht gewachsen sind?
Werde mal im Fotoarchiv schauen was da für Ficus-Fotos schlummern?
Die Gestaltung ist sicherlich sehr gelungen und wird bei einigen Betrachtern gefallen finden.
Schönen Gruß
Bernd
Also ich finde die Gestaltung ganz gut.Zwar bezweifle ich,dass Feigen so auch in der Natur wachsen,aber das macht nix,sieht trotzdem gut aus.
Vielleicht ist die Spitze noch ein bischen wuchtig?
Ich denk jetzt schon länger über Bernds guten Standpunkt nach. Mir war bei der Gestaltung gar nicht bewusst, was ich eigentlich erreichen will. Für mich war es bis dato ein Übungsprojekt, ich habe an Laubbäume im allgemeinen Gedacht, die durch Wildverbiss, Stürme, Lichtreize schon diese Form annehmen können, nicht an die Spezies Ficus direkt.
Warum werden Kriechwacholder zum Beispiel frei aufrecht gestaltet? Warum Bergkiefern, die als kleinere Büsche wachsen, als Baum gestaltet? Warum Totholzpartien in Laubbäume eingerbeitet, obwohl diese in der Natur keine lange Haltbarkeit besitzen?
Die meisten Gestaltungen gehen nicht in die Richtung, wie sie der natürlichen Wuchsform entsprechen. Es geht vielleicht vielmehr darum, rauszufinden, was möglich ist, die Neugier des Gestalters und Betrachters wecken. Geht es um einen Gesamteindruck eines alten Baumes im Allgemeinen oder um das Betonen der speziesüblichen Wuchsformen, oder sogar einer Kombination dessen?
Ich bin momentan verwirrt. Guter Punkt, Bernd 🙂
@Kleinbonsai: Stimmt, die Spitze ist zu wuchtig, da werde ich mal dran arbeiten wenn er sich erholt hat 🙂
@ André
Bernd hat zwar einen guten Punkt gebracht, aber dabei eine Sache nicht ganz bedacht. Bonsai ist, zumindest meiner Meinung nach, nicht nur die Kunst Bäume als Miniaturform in ihrer natürlichen Form in einer Schale zu präsentieren, sondern einfach allgemein eine Kunstform. Zwar haben sich gewissen Stile bei Pflanzen bewährt, weil sie am leichtesten zu gestalten sind oder aber in der Natur häufig vorkommen, aber diese sind keine endgültigen Möglichkeiten. Wie du schon richtig angemerkt hast, werden viele Bonsai eigentlich in Formen gestaltet, welcher nicht ihrem natürlichen Wuchs entsprechen. Es wird nun einmal eher darauf geachtet, ob das Endergebnis glaubhaft und harmonisch ist, nicht unbedingt für diese Pflanzenart im speziellen, sondern mehr wenn es um den Gesamteindruck Baum und was man damit verbindet redet. Von daher finde ich eine frei aufrecht Form auch durchaus für einen Ficus legitim. Zumal ich auch sagen muss, daß Pflanzen, die in botanischen Gärten wachsen nur bedingt mit denen in der Natur zu vergleichen sind. Dort sind die Pflanzen einfach nicht derart den Unbilden der Natur ausgesetzt, welche erst einen Baum zu einem Monument der Natur machen. An und für sich wird jeder Baum, der in die Höhe wächst, so er denn nicht durch äußere Faktoren gestört wird, eine Streng aufrechte Form erreichen. Der eine leichter, der andere schwerer, aber das Ergebnis bleibt das gleiche. 😉
@ Vincent
Bei dem Baum habe ich sehr wohl berücksichtigt, dass Bonsai eine Kunstform ist. Nur ist dieses Kriterium geringer ins Gewicht gefallen, da ich natürlich gewachsene Ficus-Bäume gesehen habe, die nicht so aussahen. Aber ich war auch noch nie einem Ficus-Urwald?
Jeder Mensch hat wohl andere Erfahrungen und ein unterschiedliches Wissen zu einzelnen Themen. Daraus resultiert automatisch ein nicht immer identisches Empfinden und Urteil. So auch bei der Betrachtung eines Bonsai bzw. seiner Gestaltung.
Ich finde die Gestaltung nicht falsch. Sie wirkt lediglich auf mich, mit meinen Erfahrungen, weniger natürlich als die ursprüngliche Form.
Nach der klassischen japanischen Grundgestaltung ist der Baum so eine gelungene Gestaltung.
Wenn man sich an der Natur orientiert, war die ursprüngliche Gestaltung vielleicht der bessere Weg?
Mir war schon klar, das der Baum für André sicherlich auch ein Übungsobjekt ist! Auch ich habe mich schon manchen Baum veruscht und dabei vieles gelernt. Ich denke das gehört zur Bonsaigestaltung dazu. So lernt man schneller und bekommt auch Übung und mehr Sicherheit bei den folgenden Gestaltungen 😉
@ André
10 Facebook-Likes bisher, sind recht viele.
Deine Gestaltung gefällt offenbar recht vielen Facebookern.
Hehe 🙂 Wusste gar nicht daß das auch bei Facebook ist, hab ja keins 🙂
@Vincent
So kann man es ganz gut beschreiben, stimmt. Ich sollte mich nun mal mehr mit der Philosophie befassen merke ich gerade…
@ Bernd
Sorry, war von mir ein wenig falsch ausgedrückt. 😉
Ich meinte damit nicht, daß du Bonsai nicht als Kunstform begreifen würdest. Mir ging es dabei mehr um die künstlerische Freiheit des ganzen, die eine scheinbar natürliche Wuchsform recht stark in den Hintergrund treten lässt um mit einer Pflanze eine harmonisches Gesamtkonzept zu erschaffen, welches wiederum in das Bild eines natürlich entstandenen Baumveteranen passt. Daß du das schon verstehst, will ich nicht in Abrede stellen, ich wollte lediglich als Gegenkritik anbringen, daß der künstlerische Aspekt bei der Bonsaigestalltung, so lange er die Gesundheit der Pflanze nicht gefährdet, mehr im Vordergrund stehen sollte, da es bei einer Kunst auch darum gehen sollte, Grenzen zu überwinden.
Meiner Meinung hat André das Beste aus der Pflanze rausgeholt.Besser hätte man es eigentlich nicht machen können.